Physik des Klimawandels
Das folgende Beispiel hat zum Ziel, den Lernenden leicht verwechselbare Konzepte zum Treibhauseffekt bewusst zu machen, damit sie ihre eigenen Präkonzepte anpassen können. Hierfür wird die Methode des holistischen Vergleichs von Modellen eingesetzt, welche sich beim Verständnis komplexer Modelle bewährt hat (Gadgil et al., 2012).
Bei dieser Methode wird den Schülerinnen und Schülern im Anschluss an das Gelernte das korrekte Expertenmodell in Kombination mit einem fehlerhaften Laienmodell präsentiert. Die Schülerinnen und Schüler erhalten die Aufgabe, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Modellen herauszuarbeiten.
Laienmodell
Die Sonnenstrahlung passiert unsere Atmosphäre, hingegen wird die IR-Strahlung teilweise von der Atmosphäre zur Erde zurückreflektiert und heizt sie auf.
Die Erde strahlt demnach weniger ab, als von der Sonne eingestrahlt wird. Dieses Ungleichgewicht führt zu einem Temperaturanstieg.
Expertenmodell
Von der einfallenden Sonnenstrahlung wird ein Anteil von 30 % von der Atmosphäre und der Erdoberfläche reflektiert. 20 % der einfallenden Sonnenstrahlung werden von der Atmosphäre absorbiert. Damit ist unsere Atmosphäre für die Sonnenstrahlung grösstenteils durchlässig, und knapp die Hälfte der einfallenden Sonnenstrahlung wird von der Erdoberfläche absorbiert.
Für die warmen Temperaturen sorgt die Atmosphäre. Sie absorbiert 90% der langwelligen Erdstrahlung. Die Atmosphäre heizt sich dadurch auf und emittiert wiederum langwellige Strahlung zur Erde zurück. 70 % der Strahlung, die die Erde aufnimmt, stammen von der Atmosphäre.
Das System befindet sich im Strahlungsgleichgewicht: Die Gesamtenergie der austretenden langwelligen Strahlung (240 W/m2) und der reflektierten kurzwelligen Strahlung (100 W/m2) ist gleich gross wie die Energie der einfallenden Sonnenstrahlung (340 W/m2).
Aufgabe 1
Licht kann reflektiert, transmittiert, absorbiert oder emittiert werden. Geben Sie für jeden der vier Prozesse ein Beispiel aus dem Expertenmodell an.
Welche der vier Prozesse kommen im Laienmodell nicht vor?
Aufgabe 2
Beide Modelle erklären, weshalb ein Planet mit einer Atmosphäre eine höhere Temperatur hat als ein Planet ohne Atmosphäre. Was haben diese Erklärungen gemeinsam?
Aufgabe 3
Worin unterscheiden sich die Erklärungen für die warmen Erdtemperaturen?
Aufgabe 4
Fassen Sie zusammen, welche Aspekte beim Laienmodell falsch und welche unvollständig sind.
Literatur
Gadgil, S., Nokes-Malach, T. J., & Chi, M. T. H. (2012). Effectiveness of holistic mental model confrontation in driving conceptual change. Learning and Instruction, 22, 47-61.
Die globale Erwärmung und ihre Folgen stellen ein Kernproblem unserer Gegenwart und der sich abzeichnenden Zukunft dar. Als epochaltypisches Schlüsselproblem ist deshalb der Klimawandel für den gymnasialen Unterricht ein Thema von hohem Bildungswert. Die vorgestellte Unterrichtseinheit bietet einen stufengerechten Zugang zu diesem komplexen und sehr kontrovers diskutierten Thema. Sie wurde an der ETH vom MINT-Lernzentrum in Zusammenarbeit mit dem Departement für Umweltsystemwissenschaften entwickelt und bietet wissenschaftlich fundierte und nach den neuesten Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung entwickelte Unterrichtsmaterialien.
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler
- können die Mechanismen des Wärmetransportes (Wärmeleitung, Wärmeströmung, Wärmestrahlung) qualitativ und quantitativ beschreiben (Wärmeleitungsgesetz von Fourier, Strahlungsgesetz von Stefan-Boltzmann).
- können anhand eines einfachen Modells mit Hilfe des Stefan-Boltzmann-Gesetz die mittlere Temperatur der Erde berechnen und verstehen, wie Albedo und Treibhauseffekt die mittlere Temperatur der Erde beeinflussen.
- lernen, wie das Klima vergangener Zeiten rekonstruiert werden kann und verstehen die Mechanismen hinter den natürlichen Klimaschwankungen der letzten 2 Millionen Jahre.
- lernen im Zusammenhang mit dem anthropogenen Treibhauseffekt den Begriff der Klimasensitivität kennen, verstehen, wie verschiedene Rückkopplungsmechanismen beim Klimageschehen zustande kommen und entwickeln ein Verständnis für die Komplexität von Klimasimulationen.